Für welche Krankheiten ist die Morita-Therapie geeignet?

Was heutzutage als psychosomatische Störung oder neurotische Störung bezeichnet wird, nannte man in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts „Neurasthenie“ und hielt sie für eine typisch amerikanische Form der modernen Nervosität, „american nervousness“ (Beard). In den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ließ die gleiche Symptomatik bei uns „ Manager-Krankheit“ und heute nennt man sie „Burn-Out“.

 

Diese von nervöser Gereiztheit, Erschöpfungsgefühlen, Ängstlichkeit sowie Selbstbeobachtung gekennzeichnete Verfassung wurde seinerzeit als eine Erkrankung des Organismus und des Nervensystems angesehen und hatte einen überwiegend biologischen Blick auf die Beschwerden. Zugleich aber hatte der amerikanische Autor Beard mit großem Engagement herausgestellt, dass sich um eine durch die Hektik der modernen Welt verursachte nervöser Erschöpfung handele. Dementsprechend richtete sich die seinerzeit gängige Behandlungsweise auf eine allgemeine Stärkung des als geschwächt angenommenen Organismus, wobei man auch eine konstitutionelle Komponente anerkannte indem man von „schwachblütigen Nervösen“ sprach.

 

Morita nannte die gleiche Symptomgruppe „Shinkeishitsu“ , was ungefähr mit „Nervosität“ übersetzbar ist. Ursprünglich war die Morita-Therapie für die durch Ängstlichkeit, neurasthenieähnliche Symptome (erhöhte Reizbarkeit, Schwäche, Versagensangst) und vermehrte Selbstbeobachtung geprägte Patienten entwickelt.

 

Heutzutage werden auch andere Formen neurotischen Krankseins z. T. in experimentellen Designs, in die Moritatherapie einbezogen. Bei manchen Kranken wird die Morita-Therapie auch durch eine Pharmakotherapie unterstützt bzw. erst ermöglicht.

 

Morita kam als Psychiater in Tokio mit vielen westlichen Methoden dieser Zeit in Berührung, postulierte als erster Japaner die psychogene Entstehung dieser Neurose. Sein Augenmerk richtete sich weg von den einzelnen Symptomen auf die psychische Haltung seiner Patienten. Zwei Drittel seiner Patienten litten unter Anthropophobie (entspricht etwa dem heutigen Begriff der sozialen Phobie), was als für die Stress auslösenden vertikalen Sozialstrukturen Japans als typisches Phänomen angesehen wird.

 

In Wirklichkeit aber deckt sich die Symptomatik nicht alleine mit den phobischen Störungen sondern hat auch Überlappung mit hypochondrischer Symptomatik, neurotischer Depression und Zwangssymptomatik.